The Witcher auf Netflix hat seine besten Tage hinter sich

Es ist fast ein Jahr her, dass ich an meinem Geburtstag die Nachricht hörte, nota bene: Henry Cavill steigt als Geralt aus. Fassungslos stand ich da, ein Getränk in der Hand. Henry, mein Henry, wirft das Handtuch. Seitdem ist meine Liebe zu The Witcher nur noch bergab gegangen.

Die Popularität von The Witcher bleibt faszinierend. Es lässt sich zwar kein kausaler Zusammenhang zwischen dem Einfluss der Spiele von CD Projekt und der Popularität der Bücher nachweisen, aber natürlich ist er offensichtlich. Viele Spieler von The Witcher 3, mich eingeschlossen, sehnten sich nach mehr märchenhaften Geistergeschichten, und Sapkowskis Bücher sind das perfekte Gegenmittel. Der Erfolg führte sogar zu einer Kontroverse über die Vergütung des Buchautors – CD Projekt kaufte die Rechte einst für umgerechnet ein paar hundert Dollar -, aber nach einem neuen Deal hinter den Kulissen sind alle zufrieden.

In der Zwischenzeit hat auch Netflix das Potenzial des geistigen Eigentums erkannt, wie bei fast jeder halbwegs populären Buchreihe heutzutage. Nachdem grünes Licht für eine Serie gegeben wurde, war The Witcher auf Netflix Realität. Intern wurde es als Netflix‘ eigener „Game of Thrones“-Killer angesehen, eine Lizenz, mit der der Streamingdienst seine Abonnenten auf Jahre hinaus halten würde. Und das tat sie auch: Mit 76 Millionen Zuschauern innerhalb eines Monats brach sie 2019 mehrere Rekorde.
The Witcher

Witcher-Renaissance

Ehrlich gesagt: Ich habe diese Witcher-Renaissance genossen. Plötzlich rannte die breite Öffentlichkeit mit einer fiktiven Welt davon, von der ich jahrelang gepredigt hatte, und ich konnte mit dem durchschnittlichen Netflix-Zuschauer über Geralts Abenteuer sprechen. Mindestens genauso erfreulich war es zu sehen, wie die Serie wiederum die Bücher und Spiele ankurbelte: Beide Medien wurden im Jahr nach der ersten Staffel der Netflix-Serie um über 500 Prozent mehr verkauft (via NPD Group).

Ein Großteil davon ist natürlich Henry Cavill zu verdanken, meinem persönlichen Vorzeige-Nerd. Cavill ist ein Mann des Volkes, jemand, der zeigt, dass man unglaublich muskulös, gutaussehend und charismatisch sein kann und gleichzeitig ein Warhammer-Enthusiast – dieser Clip beweist, warum es immer noch wichtig ist, solche Klischees zu durchbrechen. Außerdem ist der Schauspieler einfach ein wirklich guter Geralt von Rivia, jemand, der versteht, wie der stoische Mutant zusammengesetzt ist. Sein nachdenklicher Blick, seine echte Liebe zu Ciri und seine Gelassenheit tragen die Serie.

Aktive Abneigung

Aber nach dieser ersten Staffel war ich ein wenig besorgt. Die Serie wurde um mehrere Staffeln verlängert, mehrere Spin-off-Serien wurden gestartet und sogar eine Kinderserie wurde in Betracht gezogen. Zunächst war das eine gute Nachricht, zumal CD Projekt Red kurz darauf eine neue Spiele-Trilogie ankündigte, aber irgendwie erinnerten die Ankündigungen an die überwältigende Menge an Marvel- und Star Wars-Serien, die Disney in den letzten Jahren herausgebracht hat. Geht das nicht viel zu schnell? Was ist, wenn das Feuer erloschen ist?

Meiner Meinung nach haben wir diesen Punkt bereits erreicht, aber angesichts der Einschaltquoten ist das natürlich Unsinn. Trotz des politischen Balls, der rollt, hat die zweite Staffel unglaublich gut abgeschnitten, auch bei den Kritikern. Dennoch nimmt sie sich in vielen Bereichen zu viele Freiheiten im Vergleich zum Ausgangsmaterial. Magie funktioniert etwas anders, mysteriöse schwarze Monolithen werden in die Handlung eingewoben und Ciris Blut – das Motiv für fast alle Parteien, sie zu fangen – ist plötzlich auch die Antwort auf den sterbenden Hexer.