Valve führt separate Bewertungen nach Sprache ein – betroffen sind Spiele mit mehr als 2.000 Reviews – Valve hat am Montag eine bedeutende Änderung am Bewertungssystem von Steam angekündigt. Ab sofort werden für bestimmte Spiele sprachspezifische Review-Scores berechnet und angezeigt. Die Neuerung bedeutet, dass Nutzer standardmäßig nur noch Bewertungen in ihrer eigenen Sprache sehen – ein Schritt, der als Reaktion auf die zunehmenden Review-Bombing-Kampagnen aus verschiedenen Regionen interpretiert wird.
Die Details der Änderung
Das neue System greift bei Spielen, die folgende Kriterien erfüllen:
- Mindestens 2.000 öffentlich sichtbare Bewertungen insgesamt
- Mindestens 200 Bewertungen in einer bestimmten Sprache
Valve bewusst diese Schwellenwerte höher als die 10 Reviews angesetzt, die für einen allgemeinen Review-Score erforderlich sind, „because we wanted to be pretty confident in the language-specific score before showing it to users“, so die Begründung des Unternehmens.
Die Änderung ist standardmäßig für alle Steam-Nutzer aktiviert. In der Praxis bedeutet dies: Ein Spiel kann nun unterschiedliche Prozentwerte für verschiedene Sprachgruppen aufweisen. Während beispielsweise englischsprachige Nutzer eine 85-prozentige Zustimmungsrate sehen, könnte die Bewertung bei chinesischen Spielern bei nur 40 Prozent liegen.
Transparenz trotz Filterung
Valve betont die Transparenz des neuen Systems. Nutzer können weiterhin auf die detaillierte Bewertungsübersicht zugreifen und dort die Scores aller Sprachen einsehen. Zudem besteht die Möglichkeit, in den Einstellungen zum alten System zurückzukehren und wieder alle Bewertungen unabhängig von der Sprache zu sehen.
„We realize that whenever we make changes to User Reviews, we're inviting some scrutiny into our motivations for making those changes“, schreibt Valve in der Ankündigung. Das Unternehmen versichert, dass die Aufrechterhaltung des Vertrauens in das System für sie von entscheidender Bedeutung sei.
Wachsende globale Präsenz als Herausforderung
Die Begründung für diese Änderung liegt in Steams enormem globalem Wachstum. „Steam's growth since then into an even larger global presence means customers in different regions of the world may have vastly different experiences from each other for the same game“, erklärt Valve. Als mögliche Gründe werden Übersetzungsprobleme, kulturelle Referenzen, schlechte Netzwerkverbindungen und andere regionale Faktoren genannt.
Besonders relevant ist diese Entwicklung vor dem Hintergrund der demografischen Verschiebung auf Steam. Daten aus Simon Carless‘ Game Discover Newsletter zeigen, dass 2024 eine Mehrheit der Steam-Nutzer „Simplified Chinese“ als ihre Hauptsprache eingestellt hatte, knapp gefolgt von Englisch auf dem zweiten Platz. Laut aktuellen Statistiken nutzen 33,7 Prozent der Steam-User vereinfachtes Chinesisch als Hauptsprache, während 33,5 Prozent Englisch verwenden.
Review-Bombing als wachsendes Problem
Die Änderung erfolgt in einem Kontext zunehmender Review-Bombing-Kampagnen, die oft regional motiviert sind. Zwei aktuelle Beispiele verdeutlichen die Problematik:
Wuchang: Fallen Feathers
Das Soulslike-Spiel wurde nach einem kontroversen Patch massiv mit negativen Bewertungen überhäuft. Die Entwickler hatten bestimmte historische Figuren aus der Ming-Dynastie unsterblich gemacht, nachdem chinesische Spieler die Darstellung dieser Charaktere kritisiert hatten. Die daraus resultierende Zensur führte zu einer Gegenreaktion westlicher Spieler, die das Spiel ebenfalls negativ bewerteten.
Helldivers 2
Im Sommer 2025 erlebte das Spiel eine Review-Bombing-Kampagne, nachdem ein Übersetzungsfehler in der chinesischen Version dazu führte, dass Spieler glaubten, sie könnten die Stadt „Equality-on-Sea“ vollständig befreien, obwohl die Spielmechanik dies nicht vorsah. Das Missverständnis führte zu über 2.600 negativen Reviews an einem einzigen Tag.
Technische Umsetzung
Das neue System zeigt Nutzern standardmäßig drei Kategorien:
- Bewertungen in der Hauptsprache des Nutzers
- Kürzliche Bewertungen
- Eine Option zum Anzeigen der Sprachaufschlüsselung
Die Benutzeroberfläche wurde entsprechend angepasst, um diese verschiedenen Perspektiven übersichtlich darzustellen. Spiele, die nicht genügend Reviews in einer bestimmten Sprache haben, zeigen weiterhin den globalen Score an.
Reaktionen der Community
Die Reaktionen auf die Änderung fallen gemischt aus. Während einige Nutzer die Möglichkeit begrüßen, relevantere Bewertungen für ihre Region zu sehen, befürchten andere eine Fragmentierung der Steam-Community. Auf Plattformen wie Reddit wurde die Frage aufgeworfen, ob mehrsprachige Nutzer nun benachteiligt werden könnten.
Indie-Entwickler sehen potenzielle Vorteile: Fehlerhafte Lokalisierungen, die zu negativen Reviews in bestimmten Sprachen führen, würden nun nicht mehr die Gesamtbewertung eines Spiels beeinträchtigen. Dies könnte besonders kleineren Studios helfen, die sich keine professionellen Übersetzungen für alle Märkte leisten können.
Präzedenzfall und Ausblick
Interessanterweise ist Steam nicht die erste Plattform mit sprachspezifischen Bewertungen. GOG bietet diese Funktion bereits seit mehreren Jahren an. Die Implementierung bei Steam dürfte jedoch aufgrund der schieren Größe der Plattform weitreichendere Auswirkungen haben.
Die Änderung wirft grundsätzliche Fragen über die Globalisierung des Gaming-Marktes auf. Während einerseits kulturelle Sensibilitäten besser berücksichtigt werden können, besteht andererseits die Gefahr einer Balkanisierung der Gaming-Community entlang sprachlicher und kultureller Grenzen.
Fazit
Valves Schritt zu sprachspezifischen Review-Scores ist eine pragmatische Antwort auf die Realitäten eines global diversifizierten Marktes. Die Maßnahme adressiert konkrete Probleme wie Review-Bombing und kulturelle Missverständnisse, wirft aber gleichzeitig neue Fragen über Transparenz und Community-Kohäsion auf.
Ob diese Änderung tatsächlich zu faireren Bewertungen führt oder lediglich bestehende Gräben vertieft, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Sicher ist: Die Zeiten, in denen ein einziger globaler Score die Qualität eines Spiels für alle Nutzer gleichermaßen repräsentierte, sind vorbei.